"Unsere Kinder haben mit uns Senslerdeutsch gesprochen"

In unserer Sommerserie beleuchten wir Menschen aus aller Welt, die im Kanton Freiburg ihre Heimat gefunden haben. Heute mit Ingrid Lettenbichler aus Österreich.

Ingrid Lettenbichler lebt seit fast 40 Jahren in Düdingen. © RadioFr.

Ingrid Lettenbichler kam 1985 mit ihrer Familie nach Düdingen. Ihre Heimat Wörgl im Tirol hat sie aber bereits früher verlassen, als sie mit Ihrem Mann Günther aus beruflichen Gründen nach Ulm in Deutschland zog. Eine neue Arbeitsstelle in Bulle bewog die Familie Lettenbichler dann zum nächsten Umzug in den Sensebezirk. "Die Strecke von Düdingen nach Bulle ist nicht weit und mir war wichtig, dass unsere beiden Kinder in eine deutschsprachige Schule konnten," erzählt Ingrid Lettenbichler.

Sicht auf Wörgl in Tirol © zvg

Alleine in Deutschfreiburg leben fast 250 Österreicherinnen und Österreicher. Dies geht aus dem kantonalen Statistikamt hervor. Von den rund 70'000 Einwohner im See- und Sensebezirk sind rund 12'000 aus anderen Ländern. Österreich belegt in dieser Statistik den elften Platz.

Eine sprachliche Herausforderung

Gerade die Grösse von Düdingen und die Nähe zur Natur hat Ingrid Lettenbichler sehr zugesagt, aber die Sprache war zu Beginn doch eine Hürde.

Ich habe mich von Anfang an in den hiesigen Vereinen engagiert, aber das Senslerdeutsch habe ich kaum verstanden. 

Der hiesige Dialekt hat aber auch  bei Lettenbichlers zuhause Einzug gehalten. "Unsere Kinder haben mit uns Senslerdeutsch gesprochen, ich und mein Mann mit ihnen unseren Dialekt. Das hat gut funktioniert". Mittlerweile verstehen Ingrid Lettenbichler und ihr Mann das Senslerdeutsch problemlos und sie fühlen sich in Düdingen heimisch. Die Unterschiede zwischen der österreichischen und schweizerischen, respektive zwischen der Tiroler und der Sensler Mentalität sind nicht sehr gross, auch wenn man hier vielleicht ein wenig einen distanzierteren Umgang pflegt. "Ich habe zu Beginn mal bei einer Bekannten geklingelt um sie zum Kaffee abzuholen. Als sie die Tür geöffnet hat, hat sie relativ verdutzt gefragt, ob wir einen Termin hätten. Da war ich vielleicht etwas zu direkt," erzählt Ingrid Lettenbichler lachend. 

Günther und Ingrid Lettenbichler © zvg

Im Vergleich zu ihrer eigenen Kindheit in Wörgl hat Ingrid Lettenbichler besonders die hiesigen Ausbildungsmöglichkeiten für ihre Kinder geschätzt. "Sie sind hier sehr offen aufgewachsen und hatten viele Möglichkeiten." 

Blick auf den Wilden Kaiser in Tirol. © zvg

In Wörgl daheim und in Düdingen zuhause

Ingrid Lettenbichler hat ihre Heimat Wörgl bereits im Alter von 19 Jahren verlassen, lebte wie erwähnt zuerst zehn Jahre im deutschen Ulm und seit fast 40 Jahren in Düdingen. Mittlerweile muss auch Ingrid Lettenbichler teilweise genauer hinhören, wenn sie Verwandte und Bekannte in Österreich besucht. "Nach so langer Zeit ist man irgendwo dazwischen. Wörgl ist meine Heimat, aber auch da bin ich ein wenig die Fremde. In Düdingen fühlen wir uns sehr heimisch und möchten auch unsere Zukunft hier verbringen", so Ingrid Lettenbichler. Seit Mitte der 80er-Jahre engagiert sie sich im Austria Verein Freiburg, wo sich Exil-Österreicherinnen und Österreicher treffen, um sich über ihr Leben hier und das Geschehen in Österreich zu unterhalten. Mittlerweile fehlt es dem Verein ein wenig an Nachwuchs. Ingrid Lettenbichler würde sich freuen, wenn sich auch Jüngere im Verein einbringen würden. Sie bedauert es, das die Menschen vermehrt digital interagieren und sich weniger physisch treffen, um sich auszutauschen. Engagement und Auseinandersetzung sind für Ingrid Lettenbichler zudem sehr wichtige Faktoren, wenn man sich in einem neuen Umfeld einbringen möchte. "Ich war das bereits von unserem Umzug nach Ulm gewohnt. Für mich war klar, dass ich von mir aus auf die Leute zugehen muss und mich in Vereinen engagieren muss, wenn ich hier Fuss fassen möchte," erläutert Ingrid Lettenbichler. Zu Beginn haben Lettenbichlers auch bewusst nach einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus gesucht und haben von der anderen Familie im Haus sehr viele wichtige Tipps erhalten, was das Einleben in Düdingen einfacher gestaltete.

Zeit für Entdeckungstouren

Die Natur in Österreich und der Schweiz ist nicht sehr verschieden und so klingen die Ausflugstipps für Wörgl und die umliegende Region mit Wandern, Skifahren oder Mountainbikefahrten ähnlich, wie für die hiesige Voralpenregion. Die Region im Tirol ist aber sicherlich eine schmucke Gegend für Outdoor-Afficionados. Dazu etwa noch eine kulinarische Spezialität à la Apfelstrudel, Marillenknödel oder Kaiserschmarrn - ein schön gestalteter Austria-Tag.

Ingrid Lettenbichler und ihr Mann besuchen regelmässig ihr Heimatland, auch wenn es sie in den letzten Jahren etwas weniger häufig in ihre Heimat fahren. "Die sieben Stunden Fahrt, werden vor allem wegen dem stärkeren Verkehr etwas umständlich," so Ingrid Lettenbichler. Sie und ihr Mann haben aber seit der Pension nun mehr Zeit, Regionen und Städte zu besuchen. Nach fast 50 Jahren seit ihrem Auszug aus Österreich gibt es für Lettenbichlers noch vieles im Heimatland zu entdecken. "Auch die Schweiz und die Region Freiburg haben wir in den letzten Jahren vor allem mit dem E-Bike erkundet. Seit dem wir Zeit dafür haben, entdecken wir immer wieder enorm schöne Strecken und Orte. Jedes Land hat ihren Reiz. Man muss sich interessieren, sich Zeit lassen und das Land erfahren."

...oder die Musik. Für Ingrid Lettenbichler ist beispielsweise Andreas Gabalier ein musikalischer Favorit ihrer Heimat Österreich.

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RadioFr. - Valentin Brügger
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