Wenn aus einem Schloss eine Schule wird

Im Schloss Heitenried befindet sich heute die Primarschule. Doch einst wurden hier blutige Kämpfe geführt.

Fährt man in Heitenried ein, so fällt das Schloss auf dem hohen Hügel sogleich auf. © RadioFr.

Fährt man in Heitenried ein, so fällt schnell das gelbliche grosse Gebäude auf dem Hügel auf: das Schloss Heitenried. Heute befindet sich dort die Primarschule Heitenried. Früher verkehrten aber im Schloss keine Schülerinnen und Lehrer, sondern verschiedene Sensler Grafen.

Der Graf und sein tragisches Schicksal

Das 800 Jahre alte Gebäude hat den Schloss-Charakter lediglich aussen behalten. Im Innern wurde das Schulhaus renoviert und die Sandsteinwände übermalt. Das Schloss wurde im 11. Jahrhundert gebaut, respektive ein Teil davon. Damals stand nur ein Turm an dieser Stelle und galt als sogenannte Fliehburg. Über die Jahre wurde es immer wieder erweitert. Schliesslich wurde im 17. Jahrhundert der zweite Flügel gebaut und wurde so zum Schloss.

Im 17. Jahrhundert erhielt das Gebäude den Schloss-Status. (Bild: Amt für Kulturgüter Freiburg, Sammlung Héribert Reiners)

Von den Anfängen des Schlosses weiss man nicht viel. Erst ab dem 13. Jahrhundert wird es konkreter, auch was die Besitzer angeht. 1228 wurde Heitenried zum ersten Mal erwähnt. So war der Herrscher damals ein Herr Heito. Zudem war das Land rundherum ein Ried, was ein Land beschreibt, welches gerodet und sumpfig ist, erklärt Thomas Vaucher, Lehrer und Schloss-Kenner in Heitenried:

So hat man Heito und Ried verbunden und daraus entstand Heitenried.

Herr Heito war also der Erste, der im Schloss Heitenried gewohnt hat. Danach folgten weitere. So lebte im 13. Jahrhundert Konradus von Ried, danach Ulrich von Ried im Schloss. Im 14. Jahrhundert ging der Besitz an die Grafen von Thierstein und später an die Freiburger Familie Velga. Danach folgten mehrere Freiburger Grafenfamilien, die ebenfalls im Schloss gelebt haben.

Der letzte Herrscher von Heitenried war François-Philippe de Diesbach - und erlebte ein tragisches Schicksal. So hat er bei der Geburt seines einzigen Sohnes seine Frau verloren. Dieser Sohn trat der Schweizergarde in Paris bei. Als die Französische Revolution ausgerufen wurde, hat der Graf de Diesbach Urlaub für seinen Sohn verlangt, damit dieser nach Hause kommen könne. Dieser Urlaub wurde ihm jedoch verweigert - zufälligerweise war es ein Verwandter des Grafen, der diesen Urlaub nicht erlaubte. So starb der Sohn beim Tuileriensturm 1792. 

Das hat der Graf dem Verwandten nie verziehen. Deswegen vererbte er das Schloss und seinen ganzen Besitz nicht seinen Verwandten, sondern seinen Angestellten.

Thomas Vaucher

Diese haben den Besitz innert kürzester Zeit womöglich verprasst oder verspielt. Letztendlich haben die Gemeinde Heitenried und die Pfarrei Tafers 1880 das Schloss gekauft, mit dem Auftrag eine Schule zu errichten.

Als die Sensler ihr eigenes Schloss belagerten

Nach diesem tragischen Schicksal des Grafen de Diesbach wurde das kleine Schloss in Heitenried während der Helvetischen Revolution 1798 belagert. Damals hat die helvetische Regierung beschlossen, dass man junge freiwillige Männer zur Verfügung stellen muss im Kampf gegen die europäischen Mächte. Doch die hiesigen Gemeinden waren nicht gewillt, ihre Söhne und Männer nach Frankreich zu schicken, um einen fremden Kampf zu führen.

Als Reaktion sind die Kommissare persönlich vorbeigegangen, um die Soldaten einzuziehen. In der Region hat man sich gegen diese Forderung gewehrt. So habe man unter anderem in Ueberstorf und in Giffers auf die Kommissare geschossen. Dieser Kampf ging so weit, dass die Kommissare eine kleine Armee entsandt haben, um die Aufständischen niederzuschlagen.

Einen Tag lang belagerten die Sensler ihr eigenes Schloss in Heitenried. (Bild: zvg)

In Heitenried haben sich 400 bis 500 Aufständische versammelt, unter dem General Gobet. So gelang es ihnen, die rund 30 Helvetischen zurückzuschlagen, welche danach ins Schloss Heitenried flohen und sich dort verschanzten. Darauf haben die Sensler das Schloss einen ganzen Tag lang belagert und darauf geschossen.

Als den Helvetischen die Munition gegen Abend ausging, ergaben sie sich. Die Sensler waren so wütend, dass sie die wenigen Überlebenden hinrichten wollten. Doch der General Gobet befahl diese ordentlich abzuführen und so wurden sie nach Plaffeien gebracht.

Schule im Schloss

Spaziert man heute durch das Schloss Heitenried, so bleibt keine Spur dieser blutigen Kämpfe - zum Glück! Denn im Schloss befindet sich heute die Primarschule. Als die Gemeinde Heitenried und die Pfarrei Tafers 1880 das Schloss gekauft haben, ging es auch schon los mit dem Umbau. Früher gab es Salons und Räume, in denen diniert wurde. Vor dem Eingang gab es einen französischen Garten - auch diesen gibt es heute nicht mehr, erklärt Thomas Vaucher.

Lange gab es im ersten Stock Wohnungen für die Nonnen. Diese haben hier einst unterrichtet.

1995 wurde das Gebäude erneut umgebaut, in die Schule, die man heute kennt. Die Primarschule Heitenried umfasst heute ungefähr 20 Räume, für die Schulklassen, den Kindergarten, die Lehrpersonen und die Bibliothek. Merkmale von früher gibt es lediglich in der Bibliothek mit den Holzbalken an der Decke.

Ausserdem gilt der Keller als einziger Raum, in dem nichts renoviert wurde. "Dort sieht man noch die alten dicken Holztüren, Gitter und Hacken, wo das Fleisch getrocknet wurde. Alles ist wirklich noch genau so, wie es früher war. Dort wurde nichts renoviert", erklärt Thomas Vaucher.

Dieser Raum ist auch Thomas Vauchers Lieblingsraum. Dies, weil die Lehrpersonen diesen manchmal als "Gruselraum" benutzen. Wenn sie Gruselgeschichten erzählen, so gehen sie nach unten für eine authentischere Stimmung.


Die Geschichte des Schlosses sei aber auch sonst immer ein Thema bei den Schülerinnen und Schülern. Meistens thematisiert man die Geschichte in der Mittelstufe. Vor etwa 15 Jahren hat die Schule ein Freilichttheater zur Geschichte des Schlosses auf dem Schlosshof aufgeführt. Mitgespielt hat die gesamte Schule mit rund 140 Schülerinnen und Schüler. Einer der Regisseure war Thomas Vaucher.

Ich höre bis heute noch von ehemaligen Schülerinnen und Schülern, dass das wirklich ein Highlight war und ihnen immer bleiben werde.

Bedeutung für die Region 

Die Vorteile im Schloss Heitenried zu arbeiten sei die Aussicht, sagt Thomas Vaucher. Der Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau sei wunderschön und jeden Morgen habe man einen guten Blick auf den Sonnenaufgang.

Dadurch, dass das Schloss denkmalgeschützt ist, sei man jedoch räumlich limitiert. "Wir hätten gerne mehr Räume, vor allem Gruppenräume fehlen uns", so Thomas Vaucher. 

Wir sind da wirklich sehr eingeschränkt. Das ist der Nachteil.

Im Dorf sei man jedoch stolz auf dieses Bauwerk, wo sich die Schule befindet. "Ich glaube auch, dass es etwas Schönes ist, dass die Schule hier sein darf und dass junge Menschen hier ein und aus gehen. Es wird für einen guten Zweck gebraucht", meint Thomas Vaucher.

In der Region sei man sich womöglich der Geschichte hinter dem Schloss Heitenried nicht bewusst. "Das habe ich bei den Lesungen für mein Buch 'Der General' gemerkt, als ich die Geschichten erzählt habe. Das war für alle eigentlich Neuland". Auch Thomas Vaucher musste sich einlesen und viel recherchieren, um all die Geschichten, die sich hinter den dicken Mauern verbergen, heute erzählen zu können.

RadioFr. - Tracy Maeder
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